"Champagner Musicale 2024" des Philharmonischen Vereins Aschaffenburg in der Stadthalle

Exquisites Orchester, herausragende Stimmen

Champagner Musicale in der Stadthalle Aschaffenburg mit den Philharmonischen Orchester Aschaffenburg unter der Leitung von Michel Millard und dem Opernstudio Frankfurtsowie den Solisten (von links) Cláudia Ribas (Mezzosopran), Nombulela Yende (Sopran), Abraham Bretón (Tenor), hier in »West Side Story«. Foto: Armin Lerch

»Gefährliche Liebschaften« - davon gibt es in der Welt der Oper mit ihren leidenschaftlichen Geschichten um Liebe, Eifersucht, Begierde und Untreue mehr als genug.

Dem Thema entsprechend hat der Philharmonische Verein Aschaffenburg gemeinsam mit der Oper Frankfurt ein abwechslungsreiches und stimmiges Programm zusammengestellt, in dem drei Mitglieder des Opernstudios brillierten. Anna Ryberg führte als charmante Moderatorin durch den Abend.

Schwungvoll eröffnet wird das Programm vom Philharmonischen Orchester Aschaffenburg mit der Ouvertüre zu Bernsteins Meisterwerk »Candide«. Die desillusionierende Geschichte des Antihelden Candide und seine Lektionen sind zugleich der Ausgangspunkt des Abends. Was die durch Liebe verursachten Leiden angeht, hätte Candide mit einem Opernbesuch womöglich schnellere - vor allem aber genussvollere - Lektionen haben können. Davon ist Moderatorin Anna Ryberg überzeugt. Gemeinsam mit den Solisten Nombulelo Yende (Sopran), Cláudia Ribas (Mezzosopran) und Abraham Bretón (Tenor) beweist sie in den kommenden zwei Stunden diese These.

Das Publikum im Sturm erobert

Bereits mit ihrer ersten Arie, Fiordiligis »Come scoglio« aus Mozarts »Così fan tutte«, hat Sopranistin Nombulelo Yende das Publikum erobert. Sie begeistert mit ihrer ungemein eindringlichen Stimme, Virtuosität und faszinierender Leichtigkeit. Die technischen Raffinessen der sogenannten Felsenarie und deren anspruchsvollen Intervallsprüngen meistert die junge südafrikanische Sängerin bravourös und mit leidenschaftlicher Mimik. Wie wandlungsfähig Yende ist, beweist sie unter anderem als Elsa mit der Arie »Einsam in trüben Tagen« aus Wagners »Lohengrin«. Ihr jugendlich-dramatischer Sopran leuchtet nahezu in dieser Traumerzählung und brilliert in den lebhaften Passagen mit kraftvoller Frische und Vitalität. 

Dass Nombulelo Yende auch komödiantisches Talent besitzt, zeigt sie in »America« aus »West Side Story«. Gemeinsam mit ihren beiden Bühnenpartnern interpretiert sie diese Nummer als herrlich witzige Version des »American Way of Life«.

Mezzosopranistin Cláudia Ribas ist ihr eine mindestens ebenbürtige Sängerkollegin. Wunderschön und ohne jeglichen Kitsch gestalten beide gemeinsam die »Barcarole« aus »Hoffmanns Erzählungen«. Als die Femme fatale der Opernliteratur schlechthin, Bizets »Carmen«, fasziniert Ribas in »Habanera« und »Seguidilla« mit betörend warmen Mezzo und sinnlichen Tiefe. Ribas ist ein wahres »Bühnentier«. Sie besitzt eine enorme darstellerische Präsenz und stellt jede ihrer Rollen mit großer Leidenschaft und Intensität dar. Bereits als »Dorabella« überzeugt sie mit großer Ausdrucksstärke. Ihr beweglicher Mezzo brilliert hier mit hohem und klarem Timbre. »Smanie implacabili« mit Verzweiflungsausbruch inklusive Achterbahnfahrt der Gefühle gelingt ihr szenisch wie sängerisch mit überaus intensiver Gestaltungskraft. In »Amour! Viens aider ma Faiblesse« aus »Samson et Dalilah« (Saint-Saëns) verzaubert sie stimmlich mit tieferem Register 

Tenor Abraham Bretón überzeugt bereits rein optisch als ideale Besetzung des Herzogs von Mantua aus »Rigoletto«. Seine Interpretation der beiden Klassiker »La donna è mobile« und »Questa o quella« steht dem stimmlich in nichts nach. Die kräftige Tenorstimme mit dem angenehm dunklem Timbre unterstreichen die Verführungskünste dieser Rolle. Bewegend und mit schmerzerfüllter Hingabe gelingt ihm Don Josés Blumenarie »La fleur que tu m'avais jetée« (»Carmen«). In den beiden Nummern aus »West Side Story« ist Bretón zudem spielfreudig und äußerst witzig. 

Bemerkenswerte Entwicklung

Die Entwicklung, welche das Philharmonische Orchester Aschaffenburg unter seinem Dirigenten Michael Millard innerhalb der letzten Jahre durchlaufen hat, ist bemerkenswert. Das beweisen die Musikerinnen und Musiker bei der Auswahl der Stücke, in denen sie ihr ganzes Können unter Beweis stellen dürfen. Die große Besetzung mit viel Schlagwerk, erweitertem Bläsersatz und zwei Harfen sorgt zuweilen für einen wahren Orchesterrausch - sei es bei der rhythmisch überaus komplexen »Candide«-Ouvertüre oder der exotischen und rasanten Tanzmusik »Bacchanale« (C. Saint-Saëns) vor der Pause. Die »Walzerfolge Nr. 1« aus dem »Rosenkavalier« (R. Strauss) mit den stilisierten Walzermelodien und den Strauss-typischen Klangmischungen gelingt meisterhaft und als beeindruckende Zugabe liefert das Orchester die triumphale »Colas Breugnon«-Ouvertüre (Dmitri Kabalevsky) ab. 

Ein exquisites Orchester, drei herausragende Sängerdarsteller, einige wenige Requisiten und etwas Mobiliar. Mehr braucht es nicht, um mitreisende und innige Geschichten über Liebeskonflikte zu erzählen. Der nicht enden wollende Applaus eines euphorischen Publikums bestätigt dies.


ALEXANDRA KIESER / Main Echo



Zurück
Zurück

News März

Weiter
Weiter

Der Vorsitzende des Philharmonischen Vereins Aschaffenburg über Champagner Musicale